Hans Hillmann
Hans Hillmann, geboren 1925 in Schlesien. Besuch der Schule für Handwerk und Kunst in Kassel. 1949-1955 zehn Semester freie und Gebrauchsgraphik an der Staatlichen Werkakademie Kassel. Ab 1955 selbständig in Frankfurt a.M. 1959 Lehrauftrag für Graphik an der Staatlichen Werkakademie Kassel in Vertretung von Prof. H. Leistikow.
Das tiefe Unbehagen, das uns beim Anblick der Mehrzahl der westeuropäischen Kinoplakate packt, wird gelegentlich gemildert durch Ausstellungen polnischer Filmplakate, die ganz zu Recht als ein wichtiger Teil nationaler Kulturpropaganda gelten. Man fragt sich, warum unsere Filmplakate so schlecht sein müssen, und man mag es mit einem werbepsychologischen Argument rechtfertigen: ein Werbemittel darf nie mehr versprechen, als die Ware halten kann. Aber es gibt ja auch gute Filme, und ihre Ankündigungen sind ebenfalls schlecht. Der Verleiher zitiert gern das sogenannte »Lieschen Müller«, das fiktive Mädchen ohne Niveau, und meint, dass er es und damit die grosse Masse durch niveaulose Werbung erst zum Kinobesuch veranlassen könne. Er lädt den eigenen schlechten Geschmack auf ein unkontrollierbares Anonymes und fühlt sieh so der Verantwortung enthoben.
In Polen, England, Frankreich und bisweilen auch in andern europäischen Staaten gibt es gute Filmplakate, die nicht, wie so oft gesagt wird, Art pour Part, sondern legitime Verkaufshelfer sind. In Deutschland bemüht sich seit einigen Jahren der Göttinger Filmverleih »Neue Filmkunst«, eine Bresche in die unkünstlerische Phalanx der deutschen Filmwerbung zu schlagen. 1956, 1958 und 1959 wurden jeweils mehrere seiner Plakate bei der Wahl der »besten deutschen Plakate des Jahres« ausgezeichnet. Ihr Gestalter ist der Frankfurter Hans Hillmann.
Seine Plakate sind ebensowenig wie die andern zweckgraphischen Arbeiten aus seiner Hand laut und beredsam, sondern erfüllt von einer Musikalität, die das Gefühl trifft. Die Beziehungen zum Nächsten liegen offen dar; es ist nicht der Kunde, sondern der Mensch, der angesprochen wird. Mit jungenhafter Frische bekommt er immer wieder das Leben in den Griff, aber er hält nicht das Momentane fest, sondern formt mit zeichnerischem Können und einer gewissen Raffinesse eine Smthese des Vorganges, um der Reportage zu entgehen. Er ist jung und blutvoll, aber seine Vielgesichtigkeit ist kein Tasten nach Vorbildern, sondern ein Umsichgreifen, um die Grenzen zu erfahren. Dass er sie noch nirgends erreicht und dass er immer wieder auf nie gegangenen Pfaden wandelt, mag ihn – und auch seine Auftraggeber – glücklich stimmen. Die geistige Nähe von Ben Shahn oder David Stone Martin verfremdet ihn nicht; denn die Impuls; die er von ihnen wie auch von der freien Kunst empfängt, fliessen in sein Schaffen ein und werden schliesslich absorbiert. Dass er, der selber noch Wachsende, an der gleichen Akademie in Kassel, wo er bei Leistikow studierte, einen Lehrauftrag hat, ist ein glückhaftes Zeichen für den Lehrbetrieb im allgemeinen. Denn die heutige Jugend sucht ihre Leitbilder eher bei denen, die selber noch unterwegs sind als bei den Angekommenen.
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